Die Stadt Mainz hat mit der Kaiserstraße ein Problem und muss dieses lösen. Eine der Spuren ist streckenweise nicht mehr nutzbar. Deshalb muss die Straße umgebaut werden. Wann dies geschieht steht noch nicht fest, doch die politischen Lager schießen sich bereits auf eine Umsetzungsmöglichkeit ein. Der Radverkehr wird bei dieser nicht berücksichtigt, obwohl es ohne Engpässe für den Kfz-Verkehr machbar wäre. Ein Aufklärungs-Versuch.
Starke Bäume
Wie die Allgemeine Zeitung am 1. August dieses Jahres berichtete, drückt das Wurzelwerk der älteren, stattlichen Bäume die Fahrbahn nach oben, wodurch diese zur Gefahrenstelle wird. Warnplanken kennzeichnen die entsprechenden Stellen auf dem linken, dritten Fahrstreifen. Dieser kann dadurch nur noch eingeschränkt benutzt werden.
Das Stadtplanungsamt erarbeitete fünf Lösungsvorschläge, welche durch die Junge Union Anfang dieses Jahres der Öffentlichkeit bekannt wurden und nun auch „fahr Rad Mainz“ vorliegen.
Politik fährt dreispurig
Auf den Artikel der Allgemeinen Zeitung reagierte Oberbürgermeister Michael Ebling prompt und stellte in der Zeitung am 3. August klar: Die „Dreispurigkeit der Kaiserstraße wird nicht infrage stellt“. Weiter führt er darin aus, dass die Kaiserstraße eine zentrale Funktion als Erschließungs- und Durchfahrtstraße erfüllt und die Mehrspurigkeit deshalb dauerhaft zu erhalten sei.
Doch es gibt auch andere Möglichkeiten. Im Folgenden möchten wir die einzelnen Varianten, welche die Stadt Mainz erarbeitet hat, vorstellen und verdeutlichen warum die Kaiserstraße auch mit zwei Spuren den Verkehr bewältigen kann.
Verkehrsaufkommen auf der Kaiserstraße
Die Stadt Mainz gibt an, dass die werktägliche Verkehrsbelastung der Kaiserstraße bei circa 31.800 Kfz liegt. Damit sei die Straße in beide Richtungen zu rund 50 % belastet. Das Amt schlussfolgert, dass das aktuelle Verkehrsaufkommen auch auf zwei Spuren abwickelbar sei.
→ Die Kaiserstraße kann den Verkehr auch mit zwei Spuren händeln
Parcusstraße – der Flaschenhals heißt Parcusstraße
Bei der Leistungsfähigkeit der Kaiserstraße weist das Stadtplanungsamt auf einen essenziellen Verkehrsknotenpunkt hin: Die Parcusstraße. Sie befindet sich zwischen der Bahnhof- und Kaiserstraße. Der Verkehr gelangt über diese auf die Kaiserstraße. Die Ampelanlage hat ihre Grenze erreicht und bekommt das aktuelle Verkehrsaufkommen nicht vollständig geregelt. Dazu heißt es „Der Knoten ist bereits heute signaltechnisch ausgereizt; Verkehrsmengenzunahmen Richtung Kaiserstraße sind nicht möglich“.
→ Die Parcusstraße limitiert den Verkehr auf der Kaiserstraße
Fazit: Zwei Spuren können das Verkehrsaufkommen bewältigen
Aus der Präsentation des Stadtplanungsamtes geht hervor, dass die Kaiserstraße das Verkehrsaufkommen auch mit zwei Spuren bewältigen kann. Die Verantwortlichen sollten deshalb nicht auf einen dreispurigen Ausbau (Variante 4) hinwirken sondern die Gelegenheit nutzen und die Kaiserstraße in einer zweispurigen Variante mit Radspur (Variante 1) oder Radweg (Variante 2) umsetzen.
Update: 8. November 2015
Stellungnahmen der Mainzer Stadtrats-Fraktionen
Artikel vom 12. Oktober 2015 stellten wir uns die Frage nach der sinnvollsten Neugestaltung der Kaiserstraße. Hierbei betrachteten wir die fünf vom Stadtplanungsamt vorgeschlagenen Varianten. Außerdem fragten wir bei jeder im Stadtrat befindlichen Partei nach ihren Standpunkten und Argumenten zum Thema Kaiserstraße und noch genauer, zu ihrem Standpunkt in Bezug auf die Berücksichtigung der Fahrradfahrer.
Hier unsere Anfrage zum Nachlesen:
Sehr geehrte Damen und Herren der Fraktionen des Mainzer Stadtrates,
in unserem neusten Artikel berichten wir über die Sanierung der Kaiserstraße. Dabei interessieren uns Ihre Positionen zum Thema. Dazu die Frage: Wie soll der Radverkehr bei der Sanierung der Kaiserstraße berücksichtigt werden?
Hier folgen nun, kurz zusammengefasst, die Antworten der jeweiligen Parteien. Um die gesamte Antwort einer Partei im genauen Wortlaut zu lesen, klicken Sie bitte auf die entsprechende Schaltfläche.
CDU
Die CDU lehnt eine Reduzierung der Fahrstreifen auf der Kaiserstraße auf zwei Fahrspuren klar ab und ermutigt Radfahrer, die Nebenstraßen zu benutzen, empfiehlt aber auch eine bessere Ausschilderung derselben.
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Die CDU Mainz befürwortet eine Führung des Radverkehrs über das Bleichenviertel sowie die Adam-Karillon-Straße, wie er bereits heute genutzt wird. Eine Reduzierung der Fahrstreifen in der Kaiserstraße auf zwei lehnen wir klar ab. Auch ein Wegfall der Parkplätze an den Seiten kommt für uns nicht in Frage. Nicht zuletzt durch den dort haltenden Busverkehr wäre eine gesonderte Verkehrsführung am Straßenrand für Radfahrer auch zu riskant. Für die Radfahrer, die sich nicht zutrauen, den Straßenraum der Kaiserstraße zu nutzen, stehen bereits heute die Straßen des Bleichenviertels (Mittlere und Hintere Bleiche) sowie die Adam-Karrillon-Straße in vollem Umfang als Parallelführung zur Kaiserstraße zur Verfügung und werden als Hauptradachse in diesem Bereich genutzt. Es stellt sich eher die Frage, inwieweit man eine bessere Ausschilderung dieser Routen vorantreibt.
SPD
Die SPD möchte die Dreispurigkeit der Kaiserstraße beibehalten, könnte sich aber Radwege zum Beispiel im Rahmen einer Neugestaltung des Mittelstreifens vorstellen.
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Die Kaiserstraße stellt eine wichtige Verbindung dar, die auch durch die Entwicklungen im den wachsenden Zoll- und Binnenhafen nicht an Bedeutung verliert. Deshalb ist es in unserem Interesse, dass dort alle 3 Spuren für den Autoverkehr erhalten bleiben. Denkbar wären für uns Veränderungen an der Fahrbahnbreite. Auch eine Umgestaltung der Mittelinsel ist sehr wichtig, da dort der Fußweg durch die Wurzeln zu einer Stolperfalle geworden ist. Bei diesen Änderungen wäre durchaus auch ein Radweg für uns denkbar, sowohl bei der Neugestaltung der Mittelinsel, als auch als zusätzliche Fahrspur am Rand. Wir hoffen auf einen Vorschlag der Verwaltung, bei der ein Miteinander aller Verkehrsteilnehmer gewährleistet wird.
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
Die Grünen begrüßen eine Beachtung des Radverkehrs, da dieser im Trend liege und vertrauen dabei auf einen passenden Lösungsansatz der Verkehrsverwaltung.
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Es gehört zu einer modernen Verkehrspolitik, die Belange des Radverkehrs mit einzubeziehen. Wie GRÜNE stehen für eine Gleichberechtigung aller Verkehrsträger. Dazu gehört, dass wir dem Radverkehr mehr Raum geben, denn Radfahren ist der Trend. Wir begrüßen, dass die Verwaltung auch solche Alternativen mit geprüft hat.
Für uns sind die Belange der Radfahrerinnen und Radfahrern insbesondere bei größeren verkehrlichen Änderungen stets zu berücksichtigen. Auf welche Weise dies im Falle der Kaiserstraße genau geschieht, muss noch in den zuständigen Gremien diskutiert werden. Bei der Erarbeitung von Lösungsansätzen haben wir großes Vertrauen in die Fähigkeiten der Verkehrsverwaltung.
FDP
Die FDP ist ebenfalls für eine dreispurige Kaiserstraße und empfiehlt Radfahrern, Nebenstraßen zu benutzen, da kein Platz für Radwege ohne das Wegfallen von z.B. Parkplätzen geschaffen werden kann.
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Die Sanierung der Kaiserstraße wird einer der wichtigsten verkehrstechnischen Ertüchtigungen in der Mainzer Innenstadt. Wie Sie richtig in Ihrem Artikel berichten, bestehen momentan 5 mögliche Varianten, die durch die Verwaltung vorgelegt wurden. Ob und wie diese genau umgesetzt werden, muss der Stadtrat noch beschließen. Um Ihre Frage, wie der Radverkehr beim Umbau berücksichtigt werden kann zu beantworten, müssen wir Ihnen aber vorher noch einige Erklärungen abgeben. Wie Sie richtig schreiben ist die werktägliche Verkehrsbelastung bei 31800 Fahrzeugen. Der limitierende Verkehrsknotenpunkt ist die Parcusstraße. Ihr Fazit, dass aufgrund einer nur 50% Belastung der Kaiserstraße damit eine gute verkehrliche Lösung möglich ist, müssen wir aber widersprechen. Zum einen muss berücksichtigt werden, dass auch zu Spitzenzeiten eine gute verkehrliche Abwicklung stattfinden muss, zum anderen ist Mainz eine stetig wachsende Stadt. In der Neustadt entwickeln wir gerade mit dem Zollhafen ein sehr großes Areal in dem mehrere hundert Menschen ein neues Zuhause finden werden. Durch alle Baugebiete und der stetigen Zunahme neuer Mainzer Bürger wird auch der innerstädtische Verkehr anwachsen. Daher sind die nun zugrunde liegenden Zahlen nur Richtlinien. Eine kluge verkehrliche Weiterentwicklung darf deshalb zusätzliche Einflüsse nicht außer Acht lassen und muss vorrausschauend planen. Wir von der FDP setzen uns daher für den dreispurigen Ausbau der Kaiserstraße ein (der natürlich auch von Radfahren mitgenutzt werden kann), für den Erhalt der Grünanlage und der Parkplätze. Gerade in der Alt- und Neustadt gibt es nachweislich zu wenige Parkplätze. Daher ist hier ein Verzicht von Parkplätzen zugunsten eines Radweges nicht sinnvoll. Ein Radweg wäre aus unserer Sicht nur auf dem mittleren Grünstreifen umsetzbar. Natürlich sehen wir auch die Notwendigkeit den Radverkehr zu stärken, da dieser eine inzwischen große Position in der Mobilität der Menschen einnimmt. Dank unseres Antrages zur Einführung eines Fahrradverleihsystems, welches durch die MVG umgesetzt wurde, konnten wir auch einen kleinen Beitrag zu dieser Entwicklung beitragen. Unsere Vorschläge, um den Radverkehr in Mainz zu stärken wären die Radwege besser auszubauen. Gerade den Radweg in der großen Bleiche gilt es sicherer zu gestalten. Durch diesen können Fahrradfahrer sehr gut alle Gebiete in der Altstadt erreichen und er führt den Radverkehr von der Alicenbrücke direkt in die Stadt. Auch können Fahrradfahrer die Neustadt über den Bahnhof und in Verlängerung über die Adam-Karrillion Straße bzw. die Frauenlobstraße sicher befahren. Gerade die Adam-Karrillion und die Frauenlobstraße wurden extra auch für den Radverkehr zu Spielstraßen umgewandelt. Hier besteht für den Radverkehr eine sichere Möglichkeit nur ca. 30 Meter parallel zur Kaiserstraße sicher alle Örtlichkeiten anzufahren. Wichtiger als eine Radspur auf der Kaiserstraße ist für uns daher die Ertüchtigung der Mainzer Radwege. Diese sind aus unserer Sicht nicht mehr auf dem aktuellsten Stand und müssen saniert werden.
Die LINKE
Die LINKE sieht die Einführung eines Radweges auf der Kaiserstraße als ersten Schritt in die richtige Richtung und fordert ein Verkehrskonzept, in dem eine ganzheitliche Lösung betrachtet wird.
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Die Stadtratsfraktion die LINKE Mainz bekennt sich zum Grundsatz des Ausbaus des öffentlichen Personennahverkehrs, des Ausbaus von Fußgänger- und Radfahrwege in und außerhalb der Stadt Mainz, sowie dem Abbau des motorisierten Individualverkehrs.
Deswegen ist es unabdingbar unter anderem das Fahrradfahren in der Innenstadt attraktiver zu gestalten und den motorisierten Individualverkehr drastisch einzudämmen. Der Ausbau einer Fahrradspur in der Kaiserstraße wäre der erste Schritt in die richtige Richtung.
Die Stadt Mainz betreibt seit Jahren lediglich eine Symptombehandlung bezüglich der öffentlichen Verkehrsstruktur. Dementsprechend wird der einfache Lösungsweg angestrebt, indem auf Kosten aller anderen Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer dem Individualverkehr einen kurzfristig scheinbar besseren Verkehrsfluss durch eine drei-spurige Lösung in der Kaiserstraße geboten wird. Einer Ignoranz kommt es gleich wenn Herr OB Ebling sein „ohne Wenn und Aber“ an der drei spurigen Lösungen festhält entgegen den Prognosen des Stadtplanungsamtes, dass die zweispurige Fahrbahn den Anforderungen des Verkehrsflusses in der Zukunft gerecht wird. Die Stadt Mainz muss eine Verkehrskonzept vorlegen, welches die ganze Stadt von Automobilverkehr entlastet und nicht immer an einzelne Verkehrsprobleme arbeiten, ohne das Ganze zu betrachten.
Eine Eindämmung des motorisierten Individualverkehrs alleine durch die Etablierung von Umweltplaketten kann nicht Gegenstand einer nachhaltigen Verkehrspolitik in der Stadt Mainz sein. Dadurch werden bessere Alternativen nicht mehr ins Auge gefasst und das Verkehrschaos in der Innenstadt, befördert durch Projekte wie den Zollhafen, wird weiterhin bestehen bleiben. Wir glauben auch, dass Tempo 30 in der Innenstadt erheblich dazu beitragen kann, die negativen Auswirkungen von motorisiertem Individualverkehr, wie Lärm, Verschmutzung und Unfallgefahr, einzudämmen.
ÖDP
Für die ÖDP ist die zweispurige Nutzung der Kaiserstraße ausreichend. Sie fordert nach der Einführung eines Radweges, da sie die Radfahrer auf der Fahrbahn durch andere Verkehrsteilnehmer gefährdet sieht.
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Die ÖDP-Stadtratsfraktion fordert selbstverständlich eine sichere Radspur auf der Kaiserstraße. Im Augenblick ist die Situation dort auf der Fahrbahn für Radfahrer lebensgefährlich. Nicht nur die hohe Geschwindigkeit des PKW-Verkehrs, sondern auch der Lieferverkehr und haltende Busse bringen ein erhebliches Gefahrenpotenzial mit sich. Grundsätzlich spricht sich die ÖDP seit Jahren für eine Reduzierung des PKW-Individualverkehrs und eine Stärkung alternativer Verkehrsmittel aus. Eine zweispurige Verkehrsführung ist trotz des derzeit noch starken PKW-Verkehrsaufkommens in der Kaiserstraße jetzt schon absolut ausreichend, wenn sichergestellt wird, dass keine der beiden Spuren von haltenden Fahrzeugen oder Bussen blockiert wird. Bedingung ist dann aber, dass der frei werdende Raum für eine sichere deutlich vom PKW-Verkehr abgegrenzte Fahrradspur genutzt wird. Zudem müssen Bushaltebuchten entstehen und Haltebereiche für Lieferverkehr, Taxis etc., sodass ein „Zuparken“ der Radspur verhindert wird.
Freie-Wähler-Gemeinschaft
Die freien Wähler sind für den Ausbau des Radwegenetzes, auch auf der Kaiserstraße, geben aber zu Bedenken, dass eine Lösung, die Fußgänger und Radfahrer voneinander trennt, sinnvoll wäre.
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Ich bin eigentlich nicht für eine Bürgersteiglösung. Das geht nur, wenn diese – wie teilweise in der Rheinallee – breit genug ist. Sollte der Platz in der Kaiserstraße reichen, müsste man den Radweg z.B. durch Böller vom Fußgängerweg trennen oder man legt ihn gleich – etwas abgetrennt – auf die Fahrbahn! Jedenfalls ist die Lösung in der Bobstrasse ein misslungenes Experiment das zeigt: Fußgänger und Fahrradfahrer müssen getrennt werden.
// fahr Rad Mainz bat nach dieser Antwort noch einmal um eine deutliche Positionierung zur Berücksichtigung des Radverkehrs auf der Kaiserstraße. Darauf gabe es folgende Antwort:
Ja selbstverständlich bin ich für die Berücksichtigung des Radverkehrs bei der Sanierung. Nach meiner Ansicht liegt beim Ausbau des Radwegenetzes sowohl in der Innenstadt als auch in den übrigen Stadtteilen noch vieles im Argen. Es gibt Verbesserungsbedarf sowohl bei der Sanierung der vorhandenen Radwege und beim Ausbau.